Hans-Heinrich Ehlen

ehem. MdL & Landesminister a.D.

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Kolumne in der Bremervörder Zeitung vom 27.01.2017

„Nitratbelastung des Grundwassers hat sich nicht wesentlich verändert“

Heute schreibt der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Heinrich Ehlen aus Kalbe

Liebe Leserinnen und Leser,

Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wir brauchen es täglich, ob als Nahrungsmittel, im Haushalt, für die Bewässerung von Nutzpflanzen bis hin zur Photosynthese im grünen Blatt der Pflanzen. Da Trinkwasser weltweit knapp und ein sparsamer Umgang unbedingt nötig ist, ist die Erhaltung der Ressourcen wichtig und eine gute Wasserqualität von allgemeinem Interesse. Die EU fordert von allen Mitgliedsstaaten die Einhaltung bestimmter Mindeststandards. Dafür erstellen die Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie für Ernährung und Landwirtschaft alle vier Jahre einen gemeinsamen Nitratbericht. Diese sind Grundlage für die Beurteilung der EU über die Fortschritte der deutschen Nitratminimierungsziele.

Doch der jüngste Nitratbericht 2016 hat so seine Tücken und ist in seinem Umfang und seiner Komplexität nicht in wenigen Zeilen zusammenzufassen und detailliert zu erklären. Ob wegen bewusster Irreführung mit nicht repräsentativen Zahlen oder wegen nicht vergleichbarer, weil nicht vorhandener einheitlicher „EU-Messnetze“: Wenn Deutschland eine Klage der EU aufgrund schlechter Nitratwerte angedroht bekommt, dann stinkt diese Beschuldigung den Landwirten ganz besonders. Sie werden bezichtigt, durch die Überdüngung des Bodens für die „Verseuchung des Grundwassers“ verantwortlich zu sein.

Um es vorweg zu nennen: Rund 82 Prozent der Grundwassermessstellen im Messnetz der europäischen Umweltagentur  halten den Nitrat-Schwellenwert von 50 mg/l ein, das heißt ihr Wert liegt unter dem Trinkwasser-Grenzwert. Damit hat sich die Nitratbelastung des Grundwassers in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert.  18,1 Prozent aller Messstellen im Bundesgebiet insgesamt und 28 Prozent der Messstellen unter landwirtschaftlichen Nutzungen weisen eine Nitratkonzentration über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter auf.

Warum hat Deutschlands Grundwasser also so schlecht abgeschnitten? Man muss dazu wissen, dass weder die Dichte noch die Auswahl der Messstellen in Deutschland einem europäischen Vergleich Stand halten. So wurden in Deutschland lediglich 705 Messstellen pro 1000 km²  berücksichtigt. Nachbarländer wie Österreich oder Belgien haben hingegen 1965 beziehungsweise 2974 Grundwasser-Messstellen. Darüber hinaus wurden in Deutschland überwiegend Messstellen in Gebieten berücksichtigt, wo ohnehin eine hohe Nitratbelastung zu erwarten war. Vergleichbar ist allerdings nur, was auch gleich erhoben wird, und das ist hier nicht der Fall.

Im Moment wird wieder einmal die Landwirtschaft an den Pranger gestellt. Dabei sind in Regionen mit viel Tierhaltung die Nitratgehalte im Grundwasser nicht automatisch hoch. So wie es Gebiete mit hoher Viehdichte gibt, die im „grünen Bereich“ liegen, gibt es Regionen, in denen der Gemüse- und Weinanbau für die Belastung des Wassers verantwortlich ist. Denn sie benötigen reichlich Stickstoff und gedeihen auf Böden, die sehr nitratdurchlässig sind. Selbst in Naturschutzgebieten können hohe Nitratwerte auftreten (zum Beispiel in der Lüneburger Heide). Grund dafür sind die Bodenstruktur und das Bodenleben. Auch der Landkreis Rotenburg Wümme hat Messstellen im Grenzbereich, aber es ist keine übertriebene Tierhaltung vorhanden, die diese Werte verursacht. Die Nährstoffverlagerung im Boden beträgt etwa einen Meter pro Jahr. Das heißt, was jetzt in knapp 20 Meter Tiefe gemessen wird, ist 1996 in die Bodenoberfläche eingesickert. Das Wasser aus der „Rotenburger Rinne“ versorgt die Menschen als Hauptwasserversorger im Landkreis und wird ab 120 Meter gefördert.

Selbstverständlich ist langfristige Vorsorge wichtig und unabdingbar. Und dass die Landwirtschaft zur Belastung des Grundwassers beiträgt, ist nicht von der Hand zu weisen. Etliche Maßnahmen, die Nitratbelastung zu vermindern, waren in den vergangenen Jahren erfolgreich. Die Förderung von Biogasanlagen („Mais-Bonus“) haben die Erfolge geschmälert. Denn Mais erfordert eine massive Stickstoffdüngung. Der Mais selber bindet oder braucht das Nitrat am meisten von allen Kulturpflanzen, weil er die meiste Pflanzenmasse je Hektar bildet. Hier ist eine besonders zielgerichtete Düngung erforderlich, die in der Hauptwachstumszeit, in die stehenden Bestände, am besten funktioniert, weil die Mineralisierung von Gülle besser zu berechnen ist, als eine Vorratsdüngung auf die kahlen Flächen.  Auch Bio-Betriebe, mit Leguminosen als Stickstofflieferanten, haben dieses unkontrollierte Auswaschungsproblem.

Es geht nicht darum, die Probleme bei Nitrat im Grundwasser zu bestreiten. Es geht um die richtige Darstellung der Gewässerbelastung. Das ganze Thema ist sehr vielschichtiger, als es auf den ersten Blick scheint. Doch ein Nitratbericht, der Fakten verschweigt und die Realität verzerrt, nützt keinem.

Ihr
Heiner Ehlen

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