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Zevener Zeitung vom 10. Juli 2004

Ehlen: Altes System wäre der Tod der Bauern gewesen

Niedersächsischer Landwirtschaftsminister hält Festrede und nimmt Agrarreform in Schutz

Tarmstedt (bal). Einen weniger skeptischen Blick auf die EU-Agrarreform hat Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen gestern zur Eröffnung der 56. Tarmstedter Ausstellung gefordert. Flächenprämie und Entkoppelung seien Garanten für ein „neues System der Verlässlichkeit“.

Ehlen schickte seinem Vortrag einige persönliche Anmerkungen voran. Es sei eine „tolle Sache“, dass er als Festredner ausgesucht worden sei. „Es erhebt einen innerlich, wenn man hier als Minister stehen darf“, gestand Ehlen, der in früheren Jahren als Vorsitzender des Zevener Landvolkverbandes regelmäßig Grußworte vorgetragen hatte. In diesem Zusammenhang versprach er, seine Wurzeln im Landkreis Rotenburg nicht zu vergessen, wie es Rudolf Heins zuvor gefordert hatte.
Ehlen bezeichnete die Tarmstedter Ausstellung als „Kristallisationspunkt für die Landwirtschaft im Elbe-Weser-Dreieck und darüber hinaus“. Am Montagabend möge Ausstellungsleiter Dirk Gieschen wieder eine sechsstellige Besucherzahl verkünden, wünschte Ehlen. „Mir ist bei der Mannschaft, die dahinter steht, nicht bange“. In jedem Fall aber sei die Messe der Ort, an dem Landwirte wichtige Zukunftsentscheidungen träfen und sich positionierten. „Lassen sie uns diese Leistungsschau hegen und pflegen“, forderte der Minister.
Mit Blick auf die gesetzlichen Neuerungen auf dem landwirtschaftlichen Sektor nahm er den EU-Agrarkommissar Franz Fischler in Schutz. Der sei eigentlich nur aufgefordert gewesen, eine Zwischenbilanz zur Agende 2000 zu ziehen. Am Ende habe er eine umfassende Reform erarbeitet. „Was fällt dem ein“, habe Ehlen zunächst gedacht, dann aber schnell zugeben müssen: Der Kerl hat Recht“. Die alten Subventionsregeln wären auf Dauer „der Tod der Bauern“ gewesen.
Die Gesetze des freien Marktes werden künftig mehr am Einkommen der Landwirte beteiligt sein. „Was sich am Markt nicht rechnet, werden Landwirte nicht mehr
machen“, so die Prognose des Ministers. Die hiesige Region werde keine Probleme haben, sich am Markt zu behaupten. Vor allem das leichte Spiel des Einzelhandels, der die Landwirte gegeneinander ausspiele, sei vorbei, wenn Produktionsmenge und Bedarf in Einklang kämen.

Ob dies auf dem Milchsektor geschehen könne, bezweifelt Ehlen allerding. Die Milchquote zu senken, sei wohl ncht durchsetzbar. Dafür biete die Flächenprämie manchem die Chance, aus der Produktion auszusteigen und den Markt so zu entlasten. In einem Gleichnis bezeichnete Ehlen die Fläche als Brot. Was sich der Bauer im freien Wettbewerb dazu verdiene, seien Butter, Wurst und Käse. Wenn die Prämie wegfällt, ist das aus der Sicht des Ministers kein Problem: „In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot“, meinte er.

Sein eigentliches Thema, die EU-Osterweiterung, streifte Ehlen nur. Mit der Aufnahme der zehn neuen Länder sei auf dem Weg, zusammenwachsen zu lassen, was historisch und kulturelle zusammen gehöre, ein großer Wurf gelungen. Für die deutschen Bauern biete sich eine große Chance. So sei etwa Polen ein bäuerlich geprägtes Land, doch die zugeteilte Milchquote je Einwohner liege niederiger als in Deutschland. „Nach dieser Konstellation werden die Polen unsere Kunden“, so
Ehlen. „Ich erwarte auch, dass das so wird.“

 


Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen bei der Festrede


Das Festzelt war prall gefüllt, als Ausstellungs-Chef Dirk Gieschen gestern zu Beginn der Eröffnungsfeier ans Rednerpult trat.


Der Zevener Landvolkvorsitzende Rudolf Hein (links) übergab Landwirtschafsminister
Hans-Heinrich Ehlen ein Landvolkmütze, „damit er seinen Wurzeln nicht vergisst“


Nach der EU-Erweiterung: Auch eine polnische Landwirtschafts-Delegation verfolgte die Eröffnungsfeier in der Zelthalle

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