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Rotenburger Kreiszeitung vom 05. März 2008

Chancen für das Land nutzen

Ross-Luttmann und Ehlen zu den Herausforderungen der nächsten Jahre

ROTENBURG (sf) . Nach „heißem Programm letzte Woche in Hannover“ nahmen sich Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann aus Unterstedt und ihr Kabinettskollege Hans-Heinrich Ehlen aus Kalbe die Zeit, der Presse aus dem Landkreis die Schwerpunkte ihrer Regierungspolitik in den kommenden fünf Jahren zu erläutern. Heiner Ehlen freut sich auf fünf Jahre Regierungsverantwortung für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung. Der „ländliche Raum“ wurde getilgt; man wolle ein Zeichen setzen, sagt Ehlen. Das Land sei eben nicht nur für den ländlichen Raum verantwortlich, sondern auch für die Ballungsgebiete.

Am Ziel, das Land zukunftsfähig zu machen, halte die Landesregierung fest. Er sei optimistisch, dass man 2010 daran gehen könne, die Schulden abzubauen. Bis dahin wären – in 60 Jahren – 55 Milliarden Euro aufgelaufen. Seiner Einschätzung nach, so Ehlen, werde es einen ähnlich langen Zeitraum brauchen, um das Land schuldenfrei zu machen.
Als große Herausforderung für die nächsten fünf Jahre und darüber hinaus sieht Minister Ehlen die „Anbindung des Hinterlandes an die Küste“. Vom „Brummen“ der Seehäfen Hamburg und Bremerhaven und später auch Wilhelmshaven werden auch die Landkreise drum herum profitieren. Ehlen hofft auf eine „wirtschaftliche Entwicklung wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr“. Das Land werde sich mit den „Leuten“, die den Bundesverkehrswegeplan schreiben, ebenso zusammensetzen, wie mit den privaten Logistikern, die für den Transport der gewaltigen Güntermengen sorgen. In dem Zusammenhang wird der Y-Trasse von der Landesregierung, aber auch von der Oppositionsführung im Landtag nach wie vor eine übergeordnete Bedeutung beigemessen. Mechthild Ross-Luttmann machte in dem Zusammenhang deutlich, dass Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) auf die Trasse ebenso baue, wie die Regierenden in Hamburg und Bremen und sogar in Bayern, weil die Container via Wilhelmshaven schneller in München seien, als über Genua. Ross-Luttmann hofft, das neue Gutachten die Bahnverantwortlichen davon überzeugen, dass die Y-Trasse in der geplanten Form keinesfalls ausreiche, um die zu erwartenden Gütermengen aufzunehmen. Heiner Ehlen stellte im Gespräch klar, dass es Sache der Bahn sei, an den festgestellten Planungen übers Jahr 2009 hinaus festzuhalten oder andere Alternativen auf den Tsch zu legen. Beim Ausbau des Schienennetzes gebe es „kein entweder, oder“ zwischen Bau der Y-Trasse und Ausbau des vorhandenen Gleissystems. Der sich abzeichnende Bedarf sei so gewaltig, dass man wohl Beides ins Auge fassen müsse.
„Neue Märkte in der ganzen Welt“ öffneten sich derzeit für die niedersächsische Ernährungswirtschaft. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln sowie nach Rohstoffen für die Nahrungsmittelproduktion schäume über, so Ehlen. Es gelte, sich auf die teils recht spezielle Nachfrage auf den internationalen Märkten einzustellen. Der ferne Osten beispielsweise verlange nach Joghurt, der mit speziellen Kulturen versetzt sei, weil die in Europa verwendeten Inhaltsstoffe zu Unverträglichkeiten führten. Für die niedersächsische Ernährungswirtschaft böten sich ernorme Chancen, die das Land gezielt fördere. So unterhalte man in Quakenbrück das Deutsche Institut für Lebensmittel, das spezielle Techniken entwickele, die wiederum gerade den kleinen mittelständischen Produzenten die Teilhabe am Wettbewerb ermöglichten. Die Palette reiche da vom Aufschäumen bis hin zur Haltbarmachung mittels hohem Druck.
Zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit habe man landesweit das „geven“-Infosystem installiert, ein „digitales Betriebsbuch“, das von den Lebensmittelkontrolleuren der Landkreise gepflegt werde und sich hervorragend zur Risikoabschätzung eigne sowie die Tierseuchenbekämpfung erleichtere. Das System, auf das auch die Staatsanwaltschaft Zugriff habe, solle bundesweit eingeführt werden. Die Landwirtschaft in Niedersachsen, so Heiner Ehlen, stehe vor großen Herausforderungen. Für ihn heiße die Devise dabei: “Tisch geht vor Tank“, Essen und Trinken mithin vor dem Anbau nachwachsender Rohstoffe zur Energiegewinnung.
Vor nicht minder großen Herausforderungen sieht sich auch Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann. Im Krankenhausbereich stehe in drei Jahren die Entscheidung des Bundes an, ob es bei der dualen Finanzierung – Investitionszuschüsse des Landes, Betriebskostenabrechnung über die Krankenkassen – bleibe. Das System habe sich aus ihrer Sicht bewährt, stehe aber auf dem Prüfstand, wobei daran gedacht sei, in die Fallpauschalen bereits anteilig Investitionskosten einzurechnen.
Schwerpunkt sei weiterhin der Ausbau der Kleinkinderbetreuung. Die in Berlin gefundene Lösung – Plätze für 35 Prozent der Kinder schaffen; davon 70 Prozent in Krippen und 30 Prozent in der Tagespflege – halte sie für schlüssig. In Niedersachsen wurde der Bedarf an Tagespflegeplätzen danach mit 14 000 ermittelt, aktuelle habe man bereits rund 10 000, so Ross-Luttmann. An den Investitionskosten für Krippen werde sich der Bund mit 90 Prozent beteiligen; fünf Prozent steuere das Land bei, den Rest der Träger. Ab 2009 werde sich der Bund auch an den Betriebsausgaben beteiligen.
Am Herzen liege ihr zudem der flächendeckende Ausbau von Palliativstützpunkten, die die Kräfte vor Ort bündeln. 23 gebe es bereits in Niedersachsen, Ende 2008 werde man die geplanten 38 erreichen, wobei der Hospizverein Rotenburg-Lauenbrück als Palliativstützpunkt für den gesamten Landkreis berücksichtigt werde.


Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann und Landwirtschaftsminister Heiner Ehlen äußern sich zu den Herausforderungen der nächsten Jahre
Foto: Franke

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